kontakt@sprachenrat-saar.de

Stellungnahme des Sprachenrates Saar zum Eckpunktepapier der Landesregierung

Frankreichstrategie für das Saarland“

Seit mehr als zwei Jahrzehnten setzt sich der Sprachenrat Saar für die Realisierung der europäischen Mehrsprachigkeitsperspektive im Saarland ein: zur Erstsprache Deutsch kommt die Nachbarsprache Französisch, beide werden ergänzt durch die internationale Sprache Englisch. Der Sprachenrat hat das Sprachenkonzept der alten und neuen Landesregierung begrüßt, das der Nachbarsprache Französisch genau diesen Rang einräumt, hat aber weitere Schritte zum Ausbau der Französischkompetenz im Saarland eingefordert: Französisch müsse im Saarland zu einer funktionalen Zweitsprache werden, die in der Öffentlichkeit lebendig ist. Genau diese Vision formuliert auch die Landesregierung in ihrem Eckpunktepapier zur Frankreichstrategie. Der Sprachenrat fühlt sich in seiner Zielvorstellung voll und ganz bestätigt. Er beobachtet besorgt die rasante Entwicklung hin zu einer globalen kulturellen Hegenomie des Englischen: Im Bewusstsein der Bevölkerung erscheint die Beherrschung anderer Fremdsprachen als Englisch immer weniger notwendig. Auch die unmittelbare Nachbarsprache könne durch Englisch kompensiert werden. Das entspricht zwar nicht der Realität, gewinnt aber als Vorurteil immer mehr an Macht. Daher befürchtet der Sprachenrat, dass die Akzeptanz für die Französischstrategie der Landesregierung bei einer Planung auf 30 Jahre verloren gehen könnte. Er schlägt daher vor, in der Zeitplanung ehrgeiziger zu sein: Funktionelle Zweisprachigkeit in 15-20 Jahren.

Daraus folgt eine Verpflichtung zur Mitarbeit. Wenn man das Französische zur Zweitsprache im Saarland machen will, die im öffentlichen Leben, in der Wirtschaft, in der Kultur, in den Medien, nach den Maßgaben einer funktionalen Notwendigkeit präsent ist, dann braucht man mehr als das Sprachenkonzept für die Schulen. Ein solches Ziel lässt sich natürlich nur erreichen, wenn die Bildungspolitik mit ganzer Kraft in diese Richtung steuert. Dazu gehört zum Beispiel, dass die Landesregierung zusammen mit der Universität eine bilinguale Grundschullehrerbildung und mit der HTW eine bilinguale Erzieherinnenausbildung einführt, damit wirklich alle saarländischen Vorschulkinder die Möglichkeit haben, Französisch spielerisch zu erwerben, und alle saarländischen Grundschüler die Möglichkeit haben, wahlweise auf Französisch unterrichtet zu werden. Eine Rekrutierung von Erzieherinnen aus Lothringen wird den Bedarf einer flächendeckenden Bilingualität der KiTas nicht decken können, ganz abgesehen von großen pädagogischen Unterschieden. Auch französische Grundschullehrer vertreten eine völlig andere Lernkultur als die den deutschen Grundschulen mittlerweile eigene.

Dieses Ziel lässt sich aber auch nicht erreichen, wenn NUR die Bildungspolitik in diese Richtung steuert. Auch eine Personalpolitik, die die Französischkompetenz als Kriterium nimmt, kann nur ein Teil eines Gesamtkonzeptes sein, das auf allen gesellschaftlichen Feldern die Entwicklung so gestaltet, dass das Ziel der gelebten Mehrsprachigkeit des Saarlandes in einer Generation zu erreichen ist.

Der Sprachenrat schlägt daher die Bildung einer kompetent besetzten Lenkungsgruppe vor, die Steuerungs- und Entwicklungskonzepte ausarbeitet und implementiert. Solche Steuerungs- und Entwicklungskonzepte bedeuten einen Masterplan, eine Blaupause, die den Weg in die Mehrsprachigkeit strategisch und taktisch vorzeichnet. Es geht darum, über die naheliegenden Ideen hinauszugehen: Bildungspolitik (s.o.), Personalpolitik (s.o.), stärkere Präsenz des Französischen in der saarländischen Öffentlichkeit (Zeitung, Fernsehen, Rundfunk, Internet, Straßenschilder usw.). Ein solcher Masterplan muss, nach derzeitigem Kommissionsstand, mindestens folgende Aspekte berücksichtigen:

Wo sind Initialprojekte, mit denen kurzfristig und öffentlichkeitswirksam begonnen werden kann?

Welche Möglichkeiten gibt es für die Landesregierung, auf die französische Politik einzuwirken, damit in Lothringen eine analoge Initiative für das Deutsche, bzw. für den Dialekt beginnt- was auf saarländischer Seite die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen würde.

Wie kann ein ‚Französischmarketing‘ aussehen, das dem zur Zeit negativem Image des Französischen entgegenwirkt, deutlich macht, dass die Französischstrategie nicht gegen das Englische geht, dass Mehrsprachigkeit mindestens DREIsprachigkeit bedeutet?

Wie können die Migrantensprachen in die Französischstrategie einbezogen werden?

Wie können Eltern- und Schülervertretungen einbezogen werden?

Der Sprachenrat bietet sich als die Institution an, die in einer solchen Lenkungsgruppe systematisch lokale und internationale Beratungskompetenz aus Wissenschaft, Kultur, Medien und Wirtschaft zusammenführt und verfügbar macht.

Eckpunkte einer Frankreichstrategie für das Saarland


Umsetzung der Frankreichstrategie: „Feuille de route“ verabschiedet – Saarländische Landesregierung stellt Fahrplan für 2015/2016 vor