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Gedanken zur Arbeit des Sprachenrates Saar

Prof. Dr. Albert Raasch

Die besondere Betonung der Beziehungen zu Luxemburg und – gewissermaßen stellvertretend für Frankreich – mit Lothringen steht für den Sprachenrat „Saar“ außer Frage; es ist eine natürliche Folge daraus – und nicht etwa ein Gegensatz –, dass der Sprachenrat sich auch um den Kontakt zu weiteren Zielsprachen und Zielsprachenländern zu kümmern hat. Der europäische Kontext ist der größere Rahmen, in den sich das Saarland und die Region Saar-Lor-Lux einfügen muss; was im deutsch-frankophonen Bereich erprobt und erreicht wurde, sollte eingebracht werden in die multilateralen und multilingualen Beziehungen zu den europäischen Nachbarn. Der Sprachenrat sollte sich zu den Möglichkeiten der Mehrsprachigkeit äußern und prüfen, wie weit er in dieser Richtung initiativ werden könnte.

Der Sprachenrat ist sich bewusst, dass die Beziehungen des Saarlandes zu seinen Nachbarn eine historische Dimension haben, die aus der Vergangenheit in die Gegenwart hineinreichen und die auch in die zukünftigen Planungen Eingang finden müssen. Der Sprachenrat sollte sich – in Gemeinsamkeit mit seinen Mitgliedern aus Lothringen und aus Luxemburg und in Zusammenarbeit mit lothringischen Institutionen mit ähnlicher Zielsetzung – in Zukunft verstärkt der Aufarbeitung der Faktoren zuwenden, die die Einstellung der Menschen in der Region zu den Sprachen, zu den Zielkulturen und zur Akzeptanz des Sprachenlernens bestimmen. Auf diese Weise wird er mehr als bisher einen systematischen Beitrag zur Förderung der Fremdsprachen leisten können.

Diese Zuwendung zur Pflege der Sprachen „anderer“ ist eine politische, eine soziale und eine kulturelle Aufgabe. Dieser umfassende Charakter der Probleme zeigt sich dann besonders deutlich, wenn der Bereich der „Zweitsprachen“ und damit des Deutschen als Zweitsprache sowie die Erstsprachen z.B. der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Kinder in die Betrachtung einbezogen werden. Der Sprachenrat wird sich diesen Fragen in Anbetracht der Dringlichkeit dieser Probleme intensiver widmen müssen.

Das Saarland ist an internationalen Beziehungen stark interessiert; die Pflege der Partnerschaften ist dafür ebenso ein beredtes Zeugnis wie etwa die Internationalisierung des Campus der Universität des Saarlandes. Die Probleme, die sich aus der Anwesenheit zahlreicher ausländischer Mitbürger bis hin zu den ausländischen Teilnehmern an Praktika, Sommerkursen und Studienaufenthalten im Umgang mit der „einheimischen“ Bevölkerung ergeben können, besser: die Chancen, die daraus auch für die Förderung der Sprachen erwachsen, sollten verstärkt in das Blickfeld des Sprachenrates gestellt werden.

Viele Menschen, die bisher nur sporadisch mit Sprachen und Sprachenlernen in Berührung gekommen sind, brauchen Rat, Erläuterung, Orientierung; oft brauchen sie auch Hilfe zum Abbau von Vorurteilen, die ihnen den Zugang zu den Sprachen erschweren oder gar verschließen. Auch hier ist der Sprachenrat gefordert. Zu dieser Aufgabe gehört es auch, dass er alle Wege gehen sollte, um die Initiativen, die im Lande entfaltet werden und die der Förderung der Fremdsprachen dienen, viel auffälliger als bisher unterstützt, durch Information, Beratung, öffentliches Eintreten.

Um diese – und weitere – Aufgaben überhaupt bewältigen zu können, braucht er – neben der angemessenen Infrastruktur – einen inneren Zusammenhalt und, darauf gestützt, eine Vertrauensbasis nach außen; beides hat er in der vergleichsweise kurzen Zeit seines Bestehens und trotz der Dringlichkeit zahlreicher anderer sozialer, politischer und wirtschaftlicher Probleme durch gemeinsame Anstrengung bis zu einem erheblichen Grade erreicht, doch ist diese Plattform „ausbaufähig“, um es verhalten zu formulieren.

„Sprachen zu fördern“ – das Ziel des Sprachenrates – bedeutet: die Vermittlung und das Erlernen von Sprachen, die Akzeptanz und die Verwendung von Sprachen in der Öffentlichkeit zu fördern, die Sprachen als Brücken zu anderen Ländern und Sprechern anderer Sprachen auszubauen und damit zu Verstehen und Verständnis innerhalb der Region und über ihre Grenzen hinweg beizutragen.

Der Sprachenrat Saar sucht dieses Ziel durch Zusammenarbeit zwischen den Institutionen zu erreichen, die in ihm vertreten sind; er bemüht sich darüberhinaus um Kooperation mit Institutionen und Persönlichkeiten, die sich ebenfalls zum Ziel gesetzt haben, die Sprachen – innerhalb oder außerhalb der Region – zu fördern.

In zunehmendem Maße wird auch in der Öffentlichkeit deutlich, dass sich „Sprachkenntnisse“ keinesfalls im Kennen von Vokabeln oder grammatischen Strukturen erschöpfen; gerade im Grenzraum wird die Bedeutung der interkulturellen Kompetenz, der Verhandlungfehigkeit, des Verstehens von Mentalitäten im gesellschaftlichen, betrieblichen und privaten Bereich besonders deutlich. Erst durch einen derartig weit gefassten Begriff von „Sprache“ erhalten die Bemühungen um die Förderung von Sprachen auch einen praktischen, breit gestreuten und für die Region fruchtbaren Wert. Der Sprachenrat wird, wenn er zu diesem Ziel beitragen will, mit Mut diese innovatorischen Ansätze unterstützen müssen. Er wird sich daher in Zukunft mit den Fragen, die in der Sprache und in den Sprachkulturen sowie in deren Kontakten enthalten sind, befassen sollen.

Alle Bemühungen um die Förderung von Sprachkenntnissen sind zugleich eine Hilfe für den Einzelnen und für die Gesellschaft; sie sind in der heutigen Welt hilfreich oder sogar unerlässlich für den privaten wie für den beruflichen Bereich. Sprachen stellen einen wirtschaftlichen Faktor dar, den man für einen Betrieb ebenso wie für den Einzelnen ausrechnen kann. Der Sprachenrat wird über diese Interpretation der Sprachen als einem zugleich wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Faktor beraten und beschließen müssen, wenn er daran interessiert ist, Kräfte in der Gesellschaft zu wecken und zur Entfaltung zu bringen.

Prof. Dr. Albert Raasch

Ehrenvorsitzender des „Sprachenrates Saar“